Ausgerechnet Bäcker waren seit dem Mittelalter die besten Brauer. Es lag an der Hefe. Spannende Geschichten waren bei einer Führung der Friedrich-Naumann-Stiftung zu hören. |
Bier galt als wichtiges Lebensmittel und war bis ins 19. Jahrhundert hinein Hauptbestandteil der Nahrung. »Cervisiam bibat – Man trinke Bier«, sagte schon die heilkundige Hildegard von Bingen, die im 12. Jahrhundert lebte. Sie schrieb dem Bier eine muthebende und beruhigende Wirkung zu. Aufgrund der unzureichenden Hygiene war Bier gegenüber Wasser meist ein sicheres Lebensmittel und zudem ein wichtiger Energielieferant. Bier braucht Hefe zum Gären und in der Luft der Backstuben waren reichlich Hefesporen für eine kräftige Gärung zu finden. Für das Handwerk galt deshalb, »heute back‘ ich, morgen brau‘ ich!« Aber der Verlauf der Gärung war häufig ein Zufallsprodukt. Oftmals verdarben die wilden Hefen das Bier und es entstand ein ungenießbares Produkt. Dann waren »Hopfen und Malz verloren«, wie es im Sprichwort überliefert ist. Es gibt obergärige und untergärige Bierhefen. Die einen brauchen 15 bis 25° C zum Vergären, die anderen 5 bis 10° C. Während die Hefe bei den obergärigen Bieren im Verlauf des Gärprozesses an die Oberfläche des Jungbieres im Gärgefäß aufsteigen, setzen sie sich beim untergärigen Bier am Ende der Gärung auf dem Gefäßboden ab.
Noch heute sind in der Augsburger Bäckergasse zahlreiche Backstuben und Biergastätten zu finden. Im 17. Jahrhundert hatte beinahe jedes Haus mit der Back- oder Brauzunft zu tun. Geschichts- und Politikwissenschaftler Frank Schillinger, der zusammen mit der Historikerin und Pädagogin Monika Müller die Stadtführung durch Augsburg Biergeschichte leitete, zählte auf, was sich ab der Frühen Neuzeit in der Bäckergasse tat. Brauhäuser oder Bierschenken hatten illustre Namen wie »Zum Güterwagen«, »Zum Goldenen Krebs, »Zum Gelben Lamm«, »Zum Roten Ochsen«, »Zur Sonne« und »Zum Grünen Baum«. In der Hausnummer 17 befand sich ab 1801 der Vorläufer von Hasenbräu. Weil das Anwesen später zum Brauen nicht mehr ausreichte, wurde es 1900 auf das Gelände des ehemaligen Kapuzinerklosters zwischen der Kaiserstraße (später Konrad-Adenauer-Allee) und der Armenhausgasse verlegt. Das Stammhaus in der Bäckergasse wurde 1902 zur Gaststätte »Zur alten Hasenbrauerei«. Heute befindet sich Hasenbräu in der Kälberhalle auf dem Gelände im alten Schlacht- und Viehhof Augsburg.
Die Gäststätten »Sackpfeife« und »Anapam« in den Häusern 18 und 23 zählen ebenfalls zu den damaligen Brauanwesen mit »Braugerechtigkeit«. Diese umfasste das Mälzen, Brauen, Schroten und Schenken des Bieres. Das Braurecht gehörte im Mittelalter zu den Vorrechten der Grund- oder Landesherrschaft. Es war an ein Grundstück oder ein Haus gebunden. Bereits 1156 ist im Augsburger Stadrecht das Brauen von Bier als Gewerbe zugelassen. Diese Brauerordnung gilt als die älteste in Deutschland.
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