Die Akademie Management und Politik der Friedrich-Ebert-Stiftungbefragte mich zum Thema Politisches Fundraising. Mit ihrem bundesweiten Trainingsangebot möchte die Akademie ehrenamtlich engagierte Führungskräfte stärken und sie in ihrem Engagement unterstützen.
Frage: Sie sind Leiterin der Fachgruppe „Politik und Gesellschaft“ des Deutschen Fundraisingverbandes. Was waren die Beweggründe für den Verband diese Fachgruppe zu gründen?
Antwort: Unser Hauptbeweggrund war die Erkenntnis, dass es in Deutschland für Fragen und Diskussionen zum Thema Fundraising speziell in politischen und zivilgesellschaftlichen Zusammenhängen bislang noch keine Austauschplattform gab. Das deutliche Fundraisinginteresse des politischen Sektors hat sich zu dieser Zeit in dem gut besuchten Fundraisingtag der politischen Bildung gezeigt. Wichtig waren den Gründungsmitgliedern die Thematisierung der Parteienfinanzierung und die Wertschätzung ehrenamtlichen Engagements im politischen Fundraising. Unbedingt gewünscht ist ein vertrauensvoller, fachlicher Austausch über Parteigrenzen hinweg. Weitere Anliegen und Themen sind Corporate Social Responsibility als Schnittstelle der Kommunikation zwischen Staat, Unternehmen und Zivilgesellschaft sowie die Integration des Fundraisings in politisch-ideelle Zielsetzungen.
Frage: Sie haben sich intensiv mit politischem Fundraising beschäftigt. Was ist politisches Fundraising genau? Inwiefern braucht Fundraising im Bereich der Politik spezifische Konzepte und Instrumente?
Antwort: In vielen Punkten unterscheidet sich das politische Fundraising nicht wesentlich vom klassischen Fundraising. Es gilt Vertrauen zu Unterstützer/-innen aufzubauen, die Geld oder Engagement einbringen, um bestimmte Ziele zu erreichen. Und dies möglichst langfristig. Beim politischen Fundraising von Parteien kommt hinzu, dass Unterstützungsleistungen in Geld häufiger als Versuche der Einflussnahme interpretiert werden. Die Spende bekommt schnell einen fahlen Beigeschmack. Aus gutem Grund: Diverse Spendenaffären sind mitverantwortlich für ein Misstrauen der Bevölkerung gegenüber Parteien und Politik. Wichtig ist besonders bei Parteispenden, dass deutlich wird, wofür Mittel benötigt werden. Gemessen an dem, was Parteien leisten müssen, sind sie deutlich unterfinanziert. Geld wird benötigt für Kommunikation und Organisation. Im harten Wettbewerb unseres Mehr-Parteien-Systems wird Parteiarbeit ständig teurer. Dagegen sinken staatliche Zuschüsse durch geringere Wahlbeteiligungen. Im Gesetz ist keine Voll-Alimentierung von Parteien vorgesehen. Es sind derzeit 70 Cent Euro für jede abgegebene gültige Stimme bei Wahlen. Für jeden Euro Spende erhält eine Partei 38 Cent zusätzlich vom Staat. Parteien benötigen also zusätzliches Geld um ihren Auftrag zu erfüllen.
Frage: Was ist Ihrer Meinung die gegenwärtige Situation von politischem Fundraising in Deutschland?
Antwort: Die Spendenbereitschaft für gesellschaftspolitische Anliegen – insbesondere im Bereich der politischen Bildung – ist in Deutschland bislang nicht stark ausgeprägt. Spenden in diesem Bereich sind nach wie vor wesentlich geringer als im karitativen Bereich. Die Bedeutung und Rolle der politischen Bildung kann aber angesichts des verminderten Akzeptanz von Parteien und das schwindende Vertrauen in sie, nicht hoch genug eingeschätzt werden. Zunehmend entstehen neue Räume – auch im Internet – in denen politische Willensbildung stattfindet. Dem müssen und wollen sich Organisationen im vorpolitischen Feld stellen. Solch eine Arbeit muss finanziert werden. Fundraising kann in diesem Sinne als Beitrag zur Stärkung der Zivilgesellschaft verstanden werden. Fundraising ist generell angesichts der immer knapper werdenden öffentlichen Mittel ein wichtiger Weg zur nachhaltigen finanziellen Sicherung von politischen Projekten.